Anweisung an eine nichtwaffenberechtigte Person, eine Waffe bei der Polizei abzugeben.

Die Überlassung einer Schusswaffe an einen Nichtberechtigten mit der Anweisung, diese Waffe bei der Polizei abzugeben, begründet die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit.

Anweisung an eine nichtwaffenberechtigte Person, eine Waffe bei der Polizei abzugeben.

Nach § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen, was gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2, 4 WaffG bei fehlender Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG der Fall ist oder wenn kein Bedürfnis nach § 8 WaffG nachgewiesen wurde. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 c WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind, d.h. wäre die Erlaubnis jetzt zu erteilen, so müsste das Fehlen der waffenrechtlichen Erlaubnis zur Versagung führen, weil die Zuverlässigkeit eine von mehreren kumulativ nötigen Voraussetzungen für eine Erlaubnis ist.

Ein Überlassen von Waffen und Munition i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 c WaffG liegt vor, wenn die tatsächliche Gewalt drüber einem anderen eingeräumt wird[1]. Unter Einräumung der tatsächlichen Gewalt ist jede mit der Übertragung des unmittelbaren Besitzes verbundene Einräumung der tatsächlichen Möglichkeit über einen Gegenstand nach eigener Entschließung zu verfügen zu verstehen, wobei es rechtlich unerheblich ist, ob die Verfügungsmöglichkeit als dauernd oder nur als vorübergehend gedacht ist. Für ein Überlassen genügt, wenn einem Nichtberechtigten die Möglichkeit eingeräumt wird, sich selbständig der Waffe oder Munition zu bedienen[2].

Im hier entschiedenen Rechtsstreit hatte der Kläger selbst in seiner Klagebegründung vorgetragen, eine Waffe nach einem Einbruch in seinem Haus in Ungarn gefunden zu haben. Da er selber aufgrund einer anstehenden Reise nicht in der Lage gewesen sei, die Waffe persönlich zur Polizei zu bringen, habe er seine „Haushälterin“ -Frau A.- angewiesen, dies für ihn zu tun. Danach hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben unstreitig eine Waffe, die sich in seinem Besitz befand, an eine andere Person übergeben. Dass diese Person eine waffenrechtliche Berechtigung hinsichtlich der ihr überantworteten Waffe besaß, wird weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Waffen oder Munition dürfen nach § 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG aber nur berechtigten Personen überlassen werden. Für ein Überlassen genügt, wenn einem Nichtberechtigten -wie vorliegend- die Möglichkeit eingeräumt wird, sich selbständig der Waffe (oder Munition) zu bedienen[2] Unerheblich ist dabei, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen behauptet, dass er die „Haushälterin“ A. angewiesen haben will, die Waffe zur Polizei zu bringen, weil er unmittelbar vor Antritt einer Reise gestanden habe. Denn er hätte nach dem Gesetz die Waffe einer Nichtberechtigten nicht überlassen dürfen.

Die Unzuverlässigkeitsvermutung erfordert darüber hinaus, dass aufgrund von Tatsachen die Prognose gerechtfertigt ist, der Betroffene werde (künftig) Waffen oder Munition solchen Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis ist demnach eine Schlussfolgerung aus Verhalten, Ereignissen und Umständen in der Vergangenheit auf künftiges Verhalten nötig[3]. In Anbetracht des Gefahren vorbeugenden Charakters der Regelung und in Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, vielmehr ist eine auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung ausreichend; ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden[4]. Es genügt daher, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit diesen Gegenständen besteht[5].

ach diesen Maßstäben ist davon auszugehen, dass die Annahme rechtfertigt ist, der Kläger werde Waffen einer zur Ausübung tatsächlicher Gewalt nichtberechtigten Person überlassen. Denn nach den Angaben des Klägers hat dieser die Waffe seiner „Haushälterin“, d.h. einer nichtberechtigten Person überlassen. Hat aber eine Person, die in Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist, Waffe und Munition einem Nichtberechtigten überlassen, so rechtfertigt dies die Prognose, er werde dies auch künftig tun. Denn Tatsachen, auf die die Behörde ihre Prognose stützen darf und wofür sie die Beweislast hat, sind zwar mehr als die bloße Einschätzung der Erlaubnisbehörde oder Dritter, mehr als ausschließliche Vermutungen oder Verdachtsmomente. Eine Tatsache i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG liegt aber nicht erst dann vor, wenn ein für die Prognose künftigen Verhaltens herangezogener Umstand unerschütterlich feststeht, etwa wie ein Naturgesetz. Denn die auf der Grundlage dieser festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 c WaffG hat den allgemeinen Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), d.h. die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren[6]. Im Hinblick auf die erforderliche Prognose umschreibt § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG deshalb Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich so bedenklich, d.h. in hohem Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sogenannte absolute Unzuverlässigkeit[7]). Unzuverlässigen Personen soll damit der Zugang zu und den Umgang mit Munition und Schusswaffen gar nicht erst ermöglicht werden bzw., wenn ihre Unzuverlässigkeit bekannt wird, möglichst schnell davon ausschließen. Tatsachen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG sind daher auch dann anzunehmen, wenn die der behördlichen Prognose zugrunde gelegten Umstände z.B. durch Indizien oder Zeugenaussagen so erhärtet sind, dass an ihnen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen[8]. So liegt der Fall hier. Die Behörde ist zu Recht von der Vermutung ausgegangen der Kläger ist unzuverlässig. Denn bereits das eigene Vorbringen des Klägers im Hinblick auf das Überlassen der Waffe an seine „Haushälterin“ belegt dessen Unzuverlässigkeit im Umgang mit Waffen und Munition. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger anführt, dass er die Waffe seiner „Haushälterin“, d.h. einer weisungsgebunden Arbeitnehmerin übergeben habe. Denn § 12 Abs. 1 Nr. 3 WaffG, der Ausnahmen von der Erlaubnispflicht regelt, greift nicht bei jedem Arbeitsverhältnis ein, sondern nur bei bestimmten. Dies ergibt sich aus der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (Nr. 28.04.3 zu § 28 Abs. 5 WaffG a.F.). Danach werden Fälle der Besitzdienerschaft z.B. dann berücksichtigt, wenn sie auf einen gerichtlichen oder behördlichen Auftrag zurückzuführen sind, oder bei einem gewerblichen Bewachungsunternehmens, dass im Auftrage des Arbeitgebers und nach dessen Weisungen handelt oder bei der Beauftragung durch jagdliche und schießsportliche Vereinigungen. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Eine Haushälterin ist unter keinen Umständen von dieser Vorschrift erfasst. Denn nach dem Sinn der Vorschrift ist als ungeschriebene Voraussetzung zu fordern, dass die tatsächliche Gewalt über die Waffe wesentlicher Inhalt des Arbeitsverhältnisses sein muss und die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers sich deshalb gerade auf den Umgang des Arbeitnehmers mit der Waffe beziehen muss[9].

Verwaltungsgericht Hamburg – Urteil vom 14. August 2012 – 4 K 126/10

  1. Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 3 zu § 1 Abs. 4 WaffG[]
  2. BVerwG, Urteil vom 06.12.1978 – 1 C 7.77[][]
  3. VG Würzburg, Beschluss vom 7.09.2009 – W 5 S 09.786[]
  4. BayVGH, Beschluss vom 7.11.2007 – 21 ZB 07.2711; Beschluss vom 16.09.2008 – 21 ZB 08.655[]
  5. BayVGH, Beschluss vom 16.09.2008 – 21 ZB 08.655[]
  6. vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts BT-Drs. 14/7758 S. 51[]
  7. vgl. BT-Drs. a.a.O S. 54[]
  8. VG Würzburg, a. a. O.[]
  9. OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.01.1988 – 1 Ss 239/87[]