Mord – und der Gehilfenvorsatz des Waffenverkäufers

Gehilfenvorsatz erfordert, dass der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern[1].

Mord – und der Gehilfenvorsatz des Waffenverkäufers

Einzelheiten der Haupttat muss er dabei nicht kennen und keine bestimmten Vorstellungen von ihr haben[2].

Allerdings ist ein Mindestmaß an Konkretisierung erforderlich. Der Hilfeleistende muss die zentralen Merkmale der Haupttat, namentlich den wesentlichen Unrechtsgehalt und die wesentliche Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen[3]. Zudem muss der Hilfeleistende wissen, dass seine Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern[4].

Gegen die Annahme, der Verkäufer des Trommelrevolvers habe zum maßgeblichen Zeitpunkt des Waffenverkaufs, mithin im Jahr 2016, mit der Möglichkeit gerechnet, der Mitbeschuldigte werde mit dem erworbenen Revolver ein Tötungsdelikt begehen, spricht bereits der große zeitliche Abstand zur späteren Tat.

Der Täter hat sich im vorliegenden Fall nach seiner Einlassung, die nach derzeitigem Ermittlungsstand als einzige Erkenntnisquelle für die näheren Umstände des Waffenverkaufs zur Verfügung steht, überdies nicht gezielt an den Verkäufer gewandt, um eine bestimmte (Tat)Waffe zu erwerben. Der Revolver wurde vielmehr im Rahmen einer bereits seit mindestens zwei Jahren bestehenden illegalen „Geschäftsbeziehung“ veräußert, innerhalb derer es zum Verkauf verschiedener Waffen gekommen war, die der spätere Mörder seinerseits teilweise zur Erzielung einer Einnahmequelle gewinnbringend weiterverkauft hatte. Eine solche „Geschäftsbeziehung“ konnte nur auf dem Schwarzmarkt stattfinden, auf dem üblicherweise überhöhte Kaufpreise zu entrichten sind. Sie wurde im Jahr 2014 zu einem Zeitpunkt begründet, als etwaig bereits bestehende Anschlagspläne des späteren Täters zumindest noch nicht nach außen erkennbar waren[5]. Dieser fragte zudem nicht von sich aus nach einer bestimmten, für ein Tötungsdelikt geeigneten[6] scharfen Waffe. Vielmehr bot der Verkäufer im Zuge eines anderweitigen Waffengeschäfts den genannten Revolver ohne besonderen Anlass zum Verkauf an. Nach längerem Überlegen entschloss sich der spätere Mörder schließlich, die Waffe zu erwerben.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. Januar 2020 – AK 64/19

  1. BGH, Urteile vom 01.08.2000 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 109; vom 26.05.1988 1 StR 111/88, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 2[]
  2. s. BGH, Urteile vom 18.06.1991 1 StR 164/91, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 7; vom 16.11.2006 3 StR 139/06, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 10[]
  3. BGH, Urteil vom 20.12 2018 3 StR 236/17, NJW 2019, 1818 Rn. 96 mwN[]
  4. BGH, Urteil vom 25.10.1989 3 StR 148/89, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 5[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 22.08.2019, Rn. 32[]
  6. handlichen, damit leicht zu transportierenden und zu versteckenden[]