Zuverlässigkeit eines ehemaligen Mitglieds eines verbotenen Vereins

Mit der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit eines ehemaligen Mitglieds eines nach Vereinsgesetz verbotenen Vereins hatte sich aktuell das Verwaltungsgericht Hamburg zu befassen:

Zuverlässigkeit eines ehemaligen Mitglieds eines verbotenen Vereins

Der Kläger, der seit 1974 im Besitz von waffen- und munitionsrechtlichen Erlaubnissen mit zuletzt 7 darin eingetragenen Waffen und Inhaber eines Jagdscheins war, war bis Ende Juli 2011 drei Jahre lang Mitglied des Vereins „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V.“ (HNG). Mit Verfügung vom 30. August 2011 erklärte das Bundeministerium des Innern mit Wirkung vom 21. September 2011 den Verein nach Art. 9 Abs. 2 GG i.V.m. § 3 VereinsG für verboten und löste ihn auf.

Das im Hinblick hierauf von der zuständigen Waffenbehörde ausgesprochene Waffen- und Munitionsbesitz- und -erwerbsverbot ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Hamburg rechtlich nicht zu beanstanden. Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis, die waffenrechtliche Sicherstellung der im Besitz des Klägers befindlichen Waffen und der dazugehörigen Munition und Erlaubnisurkunden sind ebenso rechtmäßig wie die Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheines.

Waffen- und Munitionsbesitz- und -erwerbsverbot

Das Verbot, die tatsächliche Gewalt über Waffen aller Art und Munition sowie Geschosse mit pyrotechnischer Wirkung auszuüben, findet seine Rechtsgrundlage in § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 WaffG. Auf diese Eingriffsermächtigung stützt sich auch das Verbot solche Waffen und Munition zu erwerben.

Rechtsgrundlage für das Verbot des Erwerbs und Besitzes von erlaubnisfreien Waffen und Munition ist § 41 Abs. 1 WaffG. Danach kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG) oder wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 letzte Alt. WaffG). Der Bescheid ist von der Beklagten ausdrücklich auf beide Rechtsgrundlagen gestützt. Soweit erlaubnispflichtige Waffen von dem Waffen- und Munitionsbesitzverbot betroffen sind, ist Rechtsgrundlage für die Verbotsverfügung § 41 Abs. 2 WaffG.

Dem Kläger fehlt die waffenrechtliche Zuverlässigkeit in diesem Sinne, so dass offenbleiben kann, ob ihm zugleich die persönliche Eignung abzusprechen ist. Der Kläger ist auch als Erwerbswilliger anzusehen.

Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit

Der Kläger ist gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen.

Dabei ist die Vorschrift auch für die Auslegung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG heranzuziehen. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass § 5 WaffG die Merkmale der erforderlichen Zuverlässigkeit (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) als Voraussetzung einer waffenrechtlichen Erlaubnis normiert und im Unterabschnitt 1 des Abschnitts 2 des Waffengesetzes steht, in dem die allgemeinen Voraussetzungen für Waffen- und Munitionserlaubnisse geregelt sind. Denn es ist anerkannt und entspricht sowohl der ständigen Rechtsprechung der Kammer als auch der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass der Begriff der Zuverlässigkeit im Waffengesetz nur einheitlich verstanden werden kann. Für die Frage der Unzuverlässigkeit im Rahmen des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG kann danach auf die Bestimmung des § 5 WaffG zurückgegriffen werden[1]. Hierfür spricht, dass es mit dem Sinn und Zweck des differenzierten Zuverlässigkeitskatalogs des § 5 WaffG unvereinbar wäre, wenn für die Erteilung einer Waffenerlaubnis andere Zuverlässigkeitskriterien anzulegen wären als für ein Besitzverbot, auch wenn dieses im Anwendungsbereich von § 41 Abs. 1 WaffG erlaubnisfreie Waffen und Munition betrifft.

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG ist die waffenrechtliche Zuverlässigkeit in der Regel bei Personen zu verneinen, die u.a. Mitglied in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde und seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers gegeben. Der Kläger ist unbestrittenermaßen bis Ende Juli 2011 Mitglied in dem Verein „HNG“ gewesen, einem Verein, der als Organisation vom zuständigen Bundesministerium des Innern mit Verfügung vom 30.08.2011 mit Wirkung vom 21.09.2011 nach Art. 9 Abs. 2 GG i.V.m. § 3 VereinsG für verboten erklärt und aufgelöst wurde. Diese Verfügung ist rechtskräftig und mithin unanfechtbar, nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19.12.2012 die Klage gegen das Vereinsverbot abgewiesen hat[2]. Seit der Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers in dem Verein Ende Juli 2011 sind auch noch keine zehn Jahre verstrichen.

Ein Ausnahmefall, in dem die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG zu verneinen wäre, ist nicht gegeben. Insbesondere liegen solche Umstände nicht darin, dass, wie der Kläger vorträgt eine lediglich dreijährige Mitgliedschaft in dem Verein gegeben gewesen und er ausgetreten sei, es Einträge im Bundeszentralregister über ihn nicht gibt, er seit 45 Jahren unbeanstandeter, sorgfältiger und tadelloser Waffenbesitzer und seit 12 Jahren Jagdaufseher im Landesverband H…, seit 1999 Übungsleiter des Kreisschützenverbandes R… und Schießsportleiter sei und seit 2001 jährlich eine Begehungsberechtigung der Landesforstverwaltung Mecklenburg-Vorpommerns habe.

Denn die Regeltatbestände des § 5 Abs. 2 WaffG typisieren die Unzuverlässigkeitsmerkmale in der Weise, dass die in ihnen genannten Tatsachen schon für sich allein den Mangel der erforderlichen Zuverlässigkeit begründen, sofern nicht besondere Umstände gegeben sind, die im Einzelfall diese Annahme entkräften. Die Annahme der Unzuverlässigkeit als Regelfall setzt deshalb gerade nicht voraus, dass außer dem Vermutungstatbestand weitere Umstände hinzutreten; deren Fehlen, etwa weil der Betroffene sich ansonsten ordnungsgemäß verhalten hat und weiterhin verhält, ist unerheblich[3]. Danach geht es um die Prüfung, ob die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende Persönlichkeit nach den gesetzlichen Maßstäben den Schluss rechtfertigt, dem Betreffenden fehle die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Der Regeltatbestand selbst enthält die gesetzliche Wertung, dass seine Voraussetzung – vorbehaltlich atypischer Fälle – zur Unzuverlässigkeit führt. Eine einzelfallbezogene Prognose des Sicherheitsrisikos unter Einbeziehung weitergehender Aspekte widerspräche der Systematik normierter Regeltatbestände. Der Gesetzgeber hält sich damit im Rahmen des Gestaltungsspielraums, der ihm nach der Rechtsordnung bei der Frage zusteht, wie dem Anliegen entsprochen werden soll, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko für Leben und Gesundheit von Menschen möglichst gering zu halten. Denn es geht um Regelungen im Vorfeld des Grundrechtes aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eines jeden Einzelnen, vor den Gefahren geschützt zu sein, die aus dem Gebrauch von und dem Umgang mit Waffen resultieren. Davon ausgehend ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass der Gesetzgeber insoweit von seiner bisherigen Einschätzung im Bereich des Waffenrechts abgegangen ist. Denn eine Mitgliedschaft in einem verbotenen Verein im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG bietet schon für sich hinreichend sachlichen Anhalt für die Befürchtung, dem Betreffenden fehle die allgemeine persönliche Charakterstärke, gegebenenfalls unter Hintanstellung eigener Interessen auch in kritischen Situationen auf die Rechte und Belange anderer Rücksicht zu nehmen. Eine Beschränkung der Regelvermutung auf Anhaltspunkte für den (zukünftigen) Umgang mit oder unter Gebrauch von Waffen würde eine Erhöhung der Schwelle bedeuten, bei der mit dem vorbeugenden Schutz Dritter angesetzt wird; diese Schwelle zu bestimmen liegt in der Verantwortung des Gesetzgebers, wobei eine Schlussfolgerung aus der Mitgliedschaft in einem verbotenen Verein allemal tragfähig ist.

Vor diesem Hintergrund muss deshalb das Gericht bei der Beantwortung der Frage, ob ein Ausnahmefall anzunehmen ist, das Vorbringen des Klägers unberücksichtigt lassen, es gäbe über ihn keine Einträge im Bundeszentralregister, sei seit 45 Jahren unbeanstandeter, sorgfältiger und tadelloser Waffenbesitzer, seit 12 Jahren Jagdaufseher im Landesverband H…, Übungsleiter des Kreisschützenverbandes R…, Schießsportleiter und habe seit 2001 jährlich eine Begehungsberechtigung der Landesforstverwaltung Mecklenburg-Vorpommerns.

An der Einschätzung des Gesetzgebers zur Zuverlässigkeit von (ehemaligen) Mitgliedern eines nach dem Vereinsgesetz rechtskräftig verbotenen Vereins, wie sie in § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG zum Ausdruck, kommt ändert sich vorliegend im Sinne einer Ausnahme auch nichts insoweit, als der Kläger vorträgt, dort nur drei Jahre Mitglied gewesen, Ende Juli 2011 ausgetreten zu sein und die Entwicklung des Vereins „HNG“ nicht richtig vorausgesehen oder eingeschätzt zu haben. Dieser Vortrag überzeugt weder, noch führt er vorliegend zu einer anderen Bewertung. Der Verein unterstützt bereits nach seiner Vereinssatzung einen Kreis von Straftätern, die ihre Straftaten aufgrund einer bestimmten politischen Einstellung begangen haben. Diese Einstellung teilt der Verein mit den verurteilten Straftätern nicht nur, sein Zweck und seine Tätigkeit sind darauf gerichtet, diese politische Einstellung bei den von ihm unterstützten Straftätern aufrechtzuerhalten und zu festigen. Die Unterstützung besteht nicht darin, durch allgemeine mitmenschliche Zuwendung den Strafgefangenen das Gefängnisleben erträglich zu machen und ihnen nach Verbüßung ihrer Strafe die Wiedereingliederung in das Leben außerhalb der Strafanstalt zu erleichtern. Sein Zweck und seine Tätigkeit sind vielmehr darauf gerichtet, die bereits einschlägig aktiv gewordenen Täter als Kämpfer für den von ihm propagierten Kampf gegen das demokratische System zu erhalten[2]. Das dürfte dem Kläger kaum verborgen geblieben sein, denn das war in der Satzung im Wesentlichen niedergelegt und auch im Übrigen erkennbar, zumal der Kläger nicht etwa am Beginn der Vereinsentwicklung bzw. dessen Gründung, sondern vielmehr die letzten drei Jahre bis wenige Wochen vor dem Vereinsverbot eine Mitgliedschaft innehatte. Diese drei Jahre sind im Übrigen eine Zeitspanne, die entgegen dem Vorbringen des Klägers keinerlei Anlass zur Marginalisierung bietet.

Des Weiteren dürfte im Grundsatz ein Ausnahmefall im Kontext des § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG insbesondere nur dann angenommen werden, wenn sich ein Betroffener aktiv und sichtbar für Dritte bereits vor einem ausgesprochenen Vereinsverbot gegen die Vereinsziele und –zwecke positionierte, so dass die nach der Wertung des Gesetzes in der Regel durch eine solche Mitgliedschaft begründeten Zweifel an einem jederzeit und in jeder Hinsicht sorgsamen Umgang mit Waffen nicht gerechtfertigt sind. Das allerdings ist vorliegend nicht gegeben und zwar auch nicht dadurch, dass der Kläger kurz -nämliche wenige Wochen- vor dem Vereinsverbot am 30.08.2011 Ende Juli 2011 aus der „HNG“ ausgetreten zu sein vorträgt. Maßgeblich ist, dass nach Sinn und Zweck des Waffengesetzes das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden soll. Es soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsvoll umgehen. Die dreijährige Mitgliedschaft des Klägers in dem Verein „HNG“ rechtfertigt die Annahme eines Ausnahmefalls nicht. Denn der Verein macht nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 19.12.2012[2], die das Gericht vorliegend ebenfalls zugrunde legt, die demokratische Staatsform verächtlich. Er bekennt sich zur ehemaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und zu maßgeblichen ihrer Funktionsträger. Er propagiert eine mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbare Rassenlehre und strebt eine entsprechende Überwindung der verfassungsmäßigen Ordnung an.

Vor diesem Hintergrund verdient der Kläger, der bis Ende Juli 2011 drei Jahre lang Mitglied der „HNG“ war und damit auch die Voraussetzung nach § 5 Abs. 2 Nr. 2a letzter Halbsatz WaffG erfüllt, nicht das Vertrauen darin, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsvoll umgehen wird. Vielmehr ist er angesichts des dem Verein zugrunde liegenden Gedankenguts eine Annahme der Zuverlässigkeit nicht veranlasst und eine Beendigung der Mitgliedschaft nicht bereits 10 Jahre zurückliegend.

Die Rechtsgrundlage des § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG ist nach Überzeugung des Gerichts nicht verfassungswidrig. Insoweit legt der Kläger auch nicht im Ansatz substantiiert dar, aus welchem Grund das der Fall sein soll und behauptet dies allein ohne nähere Angaben. Allgemein gebietet Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln[4]. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen[5]. Grundsätzlich hat der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG eine weitgehende Gestaltungsfreiheit[6]. Dementsprechend ist „[b]ei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz […] nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat[7]. Dabei ist es dem Gesetzgeber nicht nur erlaubt zu typisieren; vielmehr gehört die Typisierung zum Wesen des abstrakt-generellen Gesetzes[8].

Gemessen an diesem Maßstab verstößt die Regelung des Gesetzgebers in § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG, wonach eine Person, die Mitglied eines unanfechtbar verbotenen Vereins ist oder war, unter bestimmten zeitlichen Vorgaben unzuverlässig im waffenrechtlichen Sinne ist, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber hat mit dieser widerleglichen Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nicht die gleichheitsrechtlichen Grenzen seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit überschritten. Anhaltspunkte sind weder durch den Kläger benannt noch sonst ersichtlich.

Bei dieser Sachlage lässt es die Kammer offen, ob zugleich auch von einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 WaffG auszugehen ist.

Fortbestehende Erwerbswilligkeit

Der Kläger ist zudem Erwerbswilliger im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG.

Als erwerbswillig ist eine Person anzusehen, bei der die durch Tatsachen gerechtfertigte Erwartung im Sinne einer allgemeinen Besorgnis besteht, sie werde im Zeitraum voraussichtlich fortbestehender Unzuverlässigkeit oder fehlender Eignung in den Besitz von Waffen oder Munition gelangen wollen[9]. Dabei bemisst sich diese Erwartung nicht nach den Merkmalen einer konkreten Gefahr im Sinne des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts, da der gesetzlichen Regelung das Konzept der „Verhütung von Gefahren für die Sicherheit“ und damit der Gefahrenvorsorge zu Grunde liegt. Der Erwerb muss insbesondere nicht aktuell gewollt oder in absehbarer Zeit zu erwarten sein[10]. Genauso wenig ist erforderlich, dass der Betroffene einen Erwerbswillen geäußert hat.

Hieran gemessen ergibt sich ein in diesem Sinne verstandener Erwerbswille des Klägers bereits aus dem Umstand, dass der Kläger bereits im Besitz von Waffen ist bzw. war.

Soweit erlaubnispflichtige Waffen von dem Waffen- und Munitionsbesitzverbot betroffen sind, ist Rechtsgrundlage für die Verbotsverfügung § 41 Abs. 2 WaffG.

Das Besitzverbot hinsichtlich erlaubnispflichtiger Waffen und Munition ist zur Verhütung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit geboten.

Der Tatbestand des § 41 Abs. 2 WaffG knüpft an eine Gefährlichkeit des Waffenbesitzers an. Zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit ist ein Besitzverbot dann geboten, wenn der fortdauernde Waffenbesitz oder der künftige Besitz eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist[11]. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zum Schutz dieser Rechtspositionen ein Verbot nicht im Falle jeder Gefahr geboten ist, sondern nur, wenn das Verbot gesteigerten Anforderungen im Sinne einer Erforderlichkeit gerecht wird. Die Gefahr muss insofern eine höhere Dringlichkeit aufweisen[12]. Dies ist der Fall, wenn der Betroffene in der Vergangenheit ein Verhalten gezeigt hat, welches den auf Tatsachen beruhenden Verdacht begründet, dass durch den Umgang mit einer Waffe Gefahren für die öffentliche Sicherheit verursacht werden. Anordnungen nach § 41 Abs. 2 WaffG sind insbesondere dann zulässig, wenn der Betroffene schon nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erfüllt[12]. Dies ist vorliegend gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG der Fall. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat ihr Ermessen sowohl hinsichtlich der Verbotsverfügung nach § 41 Abs. 1 WaffG als auch hinsichtlich der Untersagung nach § 41 Abs. 2 WaffG ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat erkannt, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte und dass insoweit das Interesse der Allgemeinheit an einem umfassenden Waffen- und Munitionsbesitzverbot mit dem Interesse des Klägers, von einem solchen Verbot verschont zu bleiben, abzuwägen war. Die Beklagte hat entsprechend dem Zweck der waffenrechtlichen Vorschriften das Interesse der Allgemeinheit höher gewichtet als das gegenläufige Interesse des Klägers. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Waffen- und Munitionsbesitzverbotes, wie es vorliegend der Fall ist, eine andere Entscheidung als die, die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Waffen und Munition zu untersagen, kaum denkbar ist[13]. Entsprechend gering sind die Anforderungen an die Begründungspflicht der Ermessensentscheidung.

Hinsichtlich der Ermessensausübung nach § 41 Abs. 2 WaffG ist maßgeblich, dass die gegeneinander abzuwägenden Interessen im Rahmen der Ermessensausübung zwischen § 41 Abs. 1 und § 41 Abs. 2 WaffG keine relevanten Unterschiede aufweisen. Beide Vorschriften dienen dem Schutz der öffentlichen Sicherheit vor erheblichen Gefahren, die sich aus dem Umgang mit Waffen ergeben können.

Das schutzwürdige Interesse des Klägers, von einem Waffen- und Munitionsbesitzverbot verschont zu bleiben, ist in beiden Fällen durch seine erwiesene Unzuverlässigkeit erheblich gemindert. Vor diesem Hintergrund tragen die sachlich zutreffenden Ermessenserwägungen der Beklagten auch das Verbot nach § 41 Abs. 2 WaffG. Zu Lasten des Klägers ist dabei auch zu berücksichtigen, dass – wie ausgeführt – bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eines Waffenbesitzverbotes eine andere Entscheidung als der Erlass des Verbotes kaum denkbar ist.

Die Maßnahme erweist sich auch im Hinblick auf die erheblichen Gründe, die eine Unzuverlässigkeit des Klägers belegen, als verhältnismäßig. Sie ist geeignet und erforderlich, um die Allgemeinheit vor dem Umgang mit Waffen durch den Kläger zu schützen. Mildere, gleich effektive Mittel, um den Schutz Dritter sicherzustellen, sind nicht vorhanden. Das Verbot ist auch angemessen, da der Schutz der Allgemeinheit im Hinblick auf die durch einen verbotenen Waffeneinsatz gefährdeten Rechtsgüter, vor allem Leib und Leben Dritter, das Interesse des Klägers, mit Waffen umgehen zu dürfen, deutlich überwiegt. Im Bereich des Waffenrechts ist ein Risiko, das von als unzuverlässig anzusehenden Betroffenen ausgeht, nicht hinzunehmen.

Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis

Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse nach § 45 Abs. 2 WaffG ist rechtmäßig.

Die dem Kläger erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse sind gemäß § 45 Abs. 2 WaffG ohne Ermessensspielraum zu widerrufen. Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen. Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG u.a. voraus, dass der Kläger die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. An dieser fehlt es vorliegend gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG, wie bereits ausgeführt wurde.

Sicherstellung von Waffen, dazugehöriger Munition und Erlaubnisurkunden

Die Sicherstellung der 7 Waffen nebst dazugehöriger Munition sowie der Erlaubnisurkunden ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn die zuständige Behörde kann nach § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WaffG Erlaubnisurkunden sowie die in den § 46 Abs. 2 und 3 WaffG bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen u.a. in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 WaffG. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG kann die zuständige Behörde Waffen sicherstellen, wenn eine Person einer aufgrund eines Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis getroffenen Anordnung, binnen angemessener Frist die Waffen unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen, nicht nachkommt.

Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheines

Schließlich war die Beklagte gemäß § 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG ver-pflichtet, den Jagdschein des Klägers für ungültig zu erklären und einzuziehen. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf einer Person, der die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG fehlt, nur ein sog. Falknerjagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG erteilt werden. Ein Jagdschein, der zur Ausübung der Jagd unter Einsatz von Schusswaffen berechtigt, ist in diesen Fällen für ungültig zu erklären und einzuziehen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Dem Kläger fehlt gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2a WaffG die waffenrechtliche Zuverlässigkeit und er war Inhaber eines Jagdscheines, der zur Ausübung der Jagd unter Einsatz von Schusswaffen berechtigt.

Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 10. Juni 2013 – 4 K 647/13

  1. vgl. statt vieler OVG Hamburg, Beschluss vom 18.12.2008 – 3 So 139/08; BayVGH, Beschluss vom 08.06.2012 – 21 Cs 12.790; Beschluss vom 10.08.2007 – 21 Cs 07.1446[]
  2. vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.2012 – 6 A 6.11[][][]
  3. vgl. BVerwG, Urteil vom 04.09.1995 – 1 C 20.94 , Jagdrechtliche Entscheidungen XVII Nr. 121, Beschluss vom 22.04.1992 – 1 B 61.92 , GewArch. 1992, 314[]
  4. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, BVerfGE 116, 164, 180 m.w.N.[]
  5. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, a.a.O.[]
  6. vgl. Heun in: Dreier, GG, Band I, 2. Aufl., 2004, Art. 3, Rn. 51; Leibholz/Rinck, GG, Stand März 2009, Art. 3, Rn. 60[]
  7. vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.1991, BVerfGE 84, 348, 359 m.w.N.[]
  8. Osterloh in: Sachs, GG, 5. Aufl., 2009, Art. 3, Rn. 105[]
  9. OVG Hamburg, Urteil vom 11.01.2011 – 3 Bf 197/09[]
  10. OVG Hamburg, a.a.O.[]
  11. BVerwG, Urteil v. 22.08.2012 – 6 C 30.11[]
  12. BVerwG, a.a.O.[][]
  13. OVG Hamburg, Beschluss vom 19.12.2007 – 3 Bs 240/07[]