Ein Grundeigentümer, der geltend macht, durch das derzeit noch geltende staatliche Recht europarechtswidrig zur Duldung der Jagd auf seinen Grundstücken verpflichtet zu werden, hat keinen Anspruch darauf, dass der Jagdbetrieb bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung einstweilen unterbleibt. Das ergibt sich aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz.

In dem jetzt vom Verwaltungsgericht Koblenz entschiedenen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Antragsteller Eigentümer mehrerer Grundstücke im Landkreis Bad Kreuznach. Nach dem Landesjagdgesetz gehören diese Flächen zusammen mit weiteren Grundstücken anderer Eigentümer zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk. Der Antragsteller ist deshalb kraft Gesetzes Mitglied einer Jagdgenossenschaft, welche das Jagdrecht auf den Grundstücken der Jagdgenossen selbst oder durch Verpachtung wahrnimmt. Im Juni 2012 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, die Verpflichtung eines die Jagd aus ethischen Gründen ablehnenden Eigentümers zur Duldung der Jagd auf seinem Grundstück stelle eine unverhältnismäßige Belastung dar. Daraufhin hat der Antragsteller bei der Kreisverwaltung beantragt, seine Grundstücke zu jagdrechtlich befriedeten Bezirken, d.h. zu solchen, in denen die Jagd ruht, zu erklären. Der Kreis hat dies abgelehnt, weil das derzeit noch geltende Recht eine solche Regelung nicht vorsehe, und den Antrag bis zum Inkrafttreten einer erwarteten gesetzlichen Neuregelung zurückgestellt. Daraufhin hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, die Jagd auf seinen Grundstücken im Wege einer einstweiligen Anordnung zu unterbinden.
Das Verwaltungsgericht Koblenz lehnte den Erlass einer einstweiligen Anordnung jedoch ab.
Zwar sei, so das Verwaltungsgericht, nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte davon auszugehen, dass die Einbeziehung von die Jagd aus ethischen Gründen ablehnenden Grundeigentümern in die Jagdgenossenschaften gegen Europarecht verstoße. Der Bundestag habe jedoch zur Umsetzung des EGMR-Urteils schon im Februar 2013 ein Gesetz zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften beschlossen, dessen Verkündung im Bundesgesetzblatt unmittelbar bevorstehe. Damit habe er bereits alles getan, um eine europarechtskonforme staatliche Rechtslage herzustellen. Da das Gesetz sechs Monate nach seiner Verkündung in Kraft trete, sei es dem Antragsteller zuzumuten, bis dahin abzuwarten und sein Begehren sodann auf gesetzlich geregelter Grundlage in einem Verwaltungsverfahren zu verfolgen. Die bis dahin dauernde Übergangsphase müsse er hinnehmen.
Es liege im Wesen der Gesetzgebung begründet, dass sie mit Blick auf das verfassungsrechtlich vorgeschriebene Gesetzgebungsverfahren eine gewisse Zeit in Anspruch nehme. Die damit einhergehende, im Grundgesetz selbst angelegte „Übergangsphase“ müsse von den betroffenen Rechteinhabern ebenso wie eine angemessene Frist hingenommen werden, welche die Verwaltung zur Entscheidung über einen Antrag benötige.
Allein die Feststellung eines Europarechtsverstoßes durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bewirke grundsätzlich nicht, dass die Gerichte quasi als „vorläufiger Ersatz-Gesetzgeber“ tätig werden müssten. Etwas anderes könne zwar unter Umständen in Fällen gelten, in denen dem jeweiligen Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile drohten. Dafür sei vorliegend jedoch angesichts des baldigen Inkrafttretens der gesetzlichen Neuregelung wie auch von daher, dass der Antragsteller die Jagdausübung auf seinen Grundflächen über lange Zeit geduldet habe, nichts ersichtlich.
Verwaltungsgericht Koblenz, Beschluss vom 17. April 2013, 6 L 172/13.KO