Ob eine Verteidigungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB erforderlich ist, hängt im Wesentlichen von Art und Maß des Angriffs ab.

Dabei darf sich der Angegriffene nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich des Abwehrmittels bedienen, das er zur Hand hat und das eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr erwarten lässt.
Dies schließt auch den Einsatz lebensgefährlicher Mittel ein.
Zwar kann dieser nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen und darf auch nur das letzte Mittel der Verteidigung sein. Doch ist der Angegriffene nicht gehalten, auf die Anwendung weniger gefährlicher Verteidigungsmittel zurückzugreifen, wenn deren Wirkung für die Abwehr zweifelhaft ist. Auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang braucht er sich nicht ein- zulassen[1].
llerdings ist der Einsatz eines Messers in der Regel zunächst anzudrohen, wenn es sich um einen unbewaffneten Angreifer handelt und das Messer bis dahin noch nicht in Erscheinung getreten ist[2].
Beide Voraussetzungen lagen indes im hier entschiedenen Fall nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht vor: Der Angreifer schlug den Angeklagten mit einer Gürtelschnalle und setzte damit ein gefährliches Werkzeug (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) ein. Auch war es gerade sein eigenes Messer, das er vom Angeklagten wiedererlangen wollte.
Soweit das Landgericht im Übrigen meint, dem Angeklagten wäre es zuzumuten gewesen, den Stich in eine für das Leben des Angreifers weniger bedrohliche Körperregion zu führen, widersprach dem der Bundesgerichtshof. Denn den landgerichtichen Urteilsgründen ließ sich nicht entnehmen, dass ein derartiger Messereinsatz weitere Angriffe tatsächlich unterbunden hätte. Angesichts des ausgesprochen aggressiven Verhaltens des Angreifers, der den Angeklagten verfolgt, festgehalten, beleidigt und in erheblicher Weise zu schlagen begonnen hatte, verstand es sich nicht von selbst, dass er sich durch einen Stich etwa in den Arm von weiteren Attacken hätte abbringen las- sen. Dies hätte daher näherer Erörterung bedurft[3].
Sollte der Angreifer nicht schon infolge des ersten Stichs handlungsunfähig geworden sein, wird es der Prüfung bedürfen, ob erst der zweite oder gar dritte Stich dem Angeklagten die Gewähr geboten haben könnte, einen weiteren Angriff zu unterbinden.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. September 2018 – 5 StR 421/18